Job als freier Mitarbeiter – Stolperfalle Scheinselbstständigkeit

Job als freier Mitarbeiter – und die Stolperfalle Scheinselbstständigkeit 

Gerade wenn die Zeiten in wirtschaftlicher Hinsicht etwas schwieriger sind, ist es für Unternehmen sehr wichtig, flexibel zu bleiben. So müssen sie einerseits in der Lage sein, auch unerwartete Großaufträge zu stemmen, und andererseits Zeiten mit schwacher Auftragslage genauso überbrücken können. 

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Auf den ersten Blick scheint da die Beschäftigung von freien Mitarbeitern eine ideale Lösung zu sein. Allerdings ist es in der Praxis oft gar nicht so einfach, eine klare Grenze zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen zu ziehen, und wenn die Sozialkassen eine Scheinselbstständigkeit attestieren, kann es für das Unternehmen sehr teuer werden. 

Job als freier Mitarbeiter – und die Stolperfalle Scheinselbstständigkeit

Vermutlich haben die meisten Unternehmer die Situation so oder so ähnlich schon einmal erlebt: Unerwartet kommt ein Großauftrag rein, der bei realistischer Einschätzung mit dem vorhandenen Personal praktisch nicht zu bewältigen ist. Auf der anderen Seite scheint es wenig sinnvoll, neue Mitarbeiter einzustellen, denn dies würde zu lange dauern, zu viel kosten und zudem kann sich die Auftragslage ja jederzeit auch wieder ändern. 

Auf freie Mitarbeiter zurückzugreifen, scheint da eine optimale Lösung zu sein. Selbstständige werden schließlich nur eingesetzt, wenn Bedarf besteht, und die Kündigungsschutzbestimmungen müssen auch nicht berücksichtigt werden. Zudem haben Selbstständige weder Anspruch auf bezahlten Urlaub noch auf eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. 

Allerdings sollte sich der Unternehmer darüber im Klaren sein, dass die Sozialkassen kontrollieren, ob die Mitarbeiter tatsächlich freie Mitarbeiter sind oder ob nicht doch eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.

Kommen die Sozialversicherungen zu letzterem Ergebnis, muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, Lohnsteuern, Säumniszuschlägen und Zinsen für das laufende Jahr und rückwirkend für bis zu vier Jahre fällig wird. 

Außerdem drohen empfindliche Bußgelder und in schlimmsten Fall sogar eine Anzeige wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Den Mitarbeiter mit in die Pflicht zu nehmen, ist dabei übrigens kaum möglich.  

Eine juristische Definition von Selbstständigkeit gibt es nicht

In der Praxis ergeben sich häufig deshalb Unsicherheiten, weil es aus rechtlicher Sicht keine konkrete Definition dafür gibt, wann Selbstständigkeit vorliegt. Die Gerichte treffen ihre Beurteilung und Entscheidung vielmehr anhand verschiedenerer Kriterien. 

So ist unter anderem dann von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen, wenn

·         der Mitarbeiter seine Arbeitszeit selbst festlegt.

·         der Mitarbeiter wie ein Unternehmer handelt. Hierzu gehört beispielsweise, dass er seine eigenen Entscheidungen fällt und das unternehmerische Risiko dafür trägt.

·         der Mitarbeiter sein Angebot bewirbt, zum Beispiel auf einer eigenen Internetseite, mit Zeitungsanzeigen oder mittels anderen Werbematerialien.  

Zudem arbeitet ein Selbstständiger üblicherweise für mehrere Auftraggeber. Allerdings gibt es auch freie Mitarbeiter, die nahezu ausschließlich für ein Unternehmen tätig sind. Sind diese Mitarbeiter nicht selbst Arbeitgeber von sozialversicherungspflichtig angestellten Arbeitnehmern, spricht der Gesetzgeber hier von arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen und für sie gelten besondere Bestimmungen. 

So haben arbeitnehmerähnliche Selbstständige im Unterschied zu echten freien Mitarbeitern Anspruch auf bezahlten Urlaub und für sie besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. 

Die Beiträge müssen die Mitarbeiter aber vollständig aus der eigenen Tasche finanzieren. Scheinselbstständigkeit hingegen liegt vor, wenn der Mitarbeiter zwar gemäß Vertrag selbstständig tätig ist, in Wirklichkeit aber Arbeitsleistungen erbringt, die denen eines abhängig Beschäftigten entsprechen. Vereinfacht erklärt ist somit dann von einer Scheinselbstständigkeit auszugehen, wenn die Selbstständigkeit nur auf dem Papier besteht. 

Den Status in einem Anfrageverfahren klären lassen

Insgesamt ist es gar nicht so einfach, eine saubere Grenze zwischen echter Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit zu ziehen. Um Rechtssicherheit für beide Seiten zu schaffen, können die Beteiligten ein sogenanntes Anfrageverfahren, teils auch Statusfeststellungsverfahren genannt, beantragen. Dies ist etwa einen Monat nachdem der Selbstständige seine Tätigkeit aufgenommen hat möglich, vorausgesetzt, die Sozialkassen haben nicht selbst bereits ein Verfahren eingeleitet.

Zuständiger Ansprechpartner ist die Clearingstelle der deutschen Rentenversicherung und im Zuge des Verfahrens entscheidet deren Gutachter rechtsverbindlich, ob eine echte Selbstständigkeit vorliegt oder ob nicht. Kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass keine Selbstständigkeit besteht, kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter entweder einstellen oder muss das Beschäftigungsverhältnis in der derzeitigen Form beenden. 

Etwas problematisch ist aber, dass die Clearingstelle dazu angehalten ist, im Zweifel gegen eine Selbstständigkeit zu entscheiden. Insofern kann eine unabhängige Rechtsberatung die bessere Lösung sein.  

Die Kriterien bei der Überprüfung

Führen die Kontrolleure der Sozialversicherungen eine Betriebsprüfung durch, begutachten sie die Gesamtsituation des jeweiligen Mitarbeiters. Ratsam ist daher, schon bei der Gestaltung des Vertrags, der die Zusammenarbeit regelt, sorgfältig vorzugehen. 

So sollten sich in dem Vertrag möglichst keine Formulierungen finden, die auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hindeuten, beispielsweise im Hinblick auf ein Weisungsrecht des Arbeitgebers, auf eine Anwesenheitspflicht während bestimmter Arbeitszeiten oder auf ein Wettbewerbsverbot.

Beim Vertrag selbst kann es sich entweder um einen Dienstvertrag oder um einen Werkvertrag handeln. Ein Werkvertrag definiert, welche Leistung der freie Mitarbeiter mit welchem Ergebnis erbringen muss, welcher Erfolg also erzielt werden soll. 

Im Unterschied dazu legt der Dienstvertrag nur fest, welche Arbeit der freie Mitarbeiter verrichten soll, unabhängig vom Ergebnis. Wichtig zu wissen ist aber, dass es letztlich aus juristischer Sicht nicht entscheidend ist, welche Bezeichnung der Vertrag trägt, sondern wie er ausgelegt wird.

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