Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Antidiskriminierungsgesetz
Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG, trat schon im August 2006 in Kraft. Seinerzeit befürchteten Unternehmen eine Flut von Klagen, weil sich Bewerber aufgrund von Formulierungen in den Stellenanzeigen oder Absagen benachteiligt und fühlen und die Diskriminierung gerichtlich anzeigen könnten.
Es gab zwar schon lange vor der Einführung des AGG eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen, die Benachteiligungen aufgrund von beispielsweise Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter oder Gesundheitszustand verhindern sollten.
Hierzu gehören beispielsweise das Kündigungsschutzgesetz, das Mutterschutzgesetz, die Gesetze zum Schutz von Menschen mit Behinderung oder allen voran Artikel 3 des Grundgesetzes. Keines dieser Gesetze und Verordnungen war aber so eindeutig und umfangreich formuliert wie das AGG.
Insofern fand die wirkliche Sensibilisierung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer für dieses Thema erst infolge des AGG statt. Das AGG greift zwar auch im zivilrechtlichen und im privaten Bereich, spielt aber im Zusammenhang mit dem Beruf die mit Abstand größte Rolle.
Hier daher die wichtigsten Fragen und Antworten
zum Antidiskriminierungsgesetz auf einen Blick:
Warum wurde das AGG überhaupt geschaffen?
Durch das AGG, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz des Bundes, das im Volksmund üblicherweise Antidiskriminierungsgesetz genannt wird, wurden Richtlinien aus Brüssel umgesetzt. Bis zur Einführung des AGG hatte es in Deutschland bereits einige Gesetze und Verordnungen in diesem Zusammenhang gegeben.
So garantiert beispielweise Artikel 3 des Grundgesetzes die Gleichbehandlung der Menschen in Deutschland. Allerdings bezieht sich dieses Gesetz in erster Linie auf staatliche Willkür und greift nur mittelbar, wenn es um Verstöße bei rechtlichen Beziehungen zwischen Bürgern geht.
Hinzu kommt, dass auch die Gesetze und Verordnungen im Sozialgesetzbuch und im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht ausreichten, um den Vorgaben aus Brüssel zu genügen. Aus diesem Grund wurde das AGG verabschiedet, das das Thema Diskriminierung klar und umfassend behandelt.
Inhalt
Wann greift das AGG?
Grundsätzlich kommt das AGG immer dann zur Anwendung, wenn das Alter, das Geschlecht, die Rasse, die ethnische Herkunft, die Religion, die Weltanschauung, eine Behinderung oder die sexuelle Orientierung der Grund für eine Diskriminierung oder eine Ungleichbehandlung sind.
Wird ein Kollege beispielsweise wegen seiner sexuellen Orientierung gemobbt, eine Bewerberin wegen ihrer Herkunft abgelehnt oder erhält ein Bewerber den Job nicht, nur weil er im Rollstuhl sitzt, kommt das AGG zum Tragen. Gleiches gilt, wenn ein Bewerber den Job erhält, nur weil er eine bestimmte politische Anschauung vertritt und der andere Bewerber nicht.
Was bedeutet das AGG für Arbeitnehmer?
In der Theorie schützt das AGG Arbeitsuchende und Arbeitnehmer vor Benachteiligungen im Berufsleben und am Arbeitsplatz. In der Praxis trifft dies allerdings nur eingeschränkt zu. Stellenanzeigen sind in aller Regel neutral formuliert und sprechen damit alle Jobsuchenden an.
Zudem findet die Vorauswahl von Bewerbern ohne deren Beisein statt. Das bedeutet, der Bewerber wird niemals erfahren, ob er abgelehnt wurde, weil seine Qualifikationen nicht ausgereicht haben oder ob seine Absage nicht doch daran lag, dass der Personaler einer jungen Frau den Vorzug vor einem älteren Mann gab. Anders sieht es aus, wenn die Diskriminierung am Arbeitsplatz erfolgt.
Hierbei muss der Arbeitnehmer aber zwei wichtige Punkte beachten. Zum einen ist sehr wichtig, dass er möglichst viele Beweise sammelt, wann und wie er von Vorgesetzten oder Kollegen diskriminiert wurde. Zum anderen sollte er möglichst schnell handeln. Dazu kann er sich an die Beschwerdestelle seines Unternehmens wenden und den Arbeitgeber dazu auffordern, die Diskriminierung zu unterlassen oder Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Wird der Arbeitgeber nicht aktiv, kann der Arbeitnehmer von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen und Entschädigungs- sowie Schadensersatzleistungen einklagen. Allerdings gibt es hierfür klare Fristen.
Ansprüche müssen innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden, eine Klage muss innerhalb von drei Monaten erhoben werden. Wartet der Arbeitnehmer in der Hoffnung ab, dass sich alles wieder von selbst beruhigt, kann er sich nicht mehr wehren, wenn die Fristen verstrichen sind.
Was bedeutet das AGG für Arbeitgeber?
Arbeitgeber mahnt das AGG in erster Linie zu erhöhter Aufmerksamkeit. Das bedeutet zum einen, dass beispielsweise Stellenanzeigen und Absageschreiben möglichst neutral formuliert werden müssen, um keine Risiken einzugehen. Zum anderen müssen Arbeitgeber präventiv tätig werden. Dazu gehört, die Mitarbeiter über ihre Rechte zu informieren und eine Beschwerdestelle einzurichten oder zumindest eine anzugeben, an die sich die Mitarbeiter im Bedarfsfall wenden können.
Außerdem müssen Arbeitgeber alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um Benachteiligungen zu vermeiden und zu beenden, beispielsweise indem sie den Täter abmahnen, versetzen oder entlassen. Kommt es dennoch zu einem Gerichtsverfahren, muss der Arbeitnehmer zwar nachweisen, dass er diskriminiert wurde.
Der Arbeitgeber muss aber seinerseits beweisen, dass keine Benachteiligung vorlag oder er alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen getroffen hat, um die Diskriminierung zu beenden. Übrigens gilt das AGG nicht nur bei der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern auch bei den Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern.
Auch wenn Kunden oder Geschäftspartner einen Mitarbeiter wegen seines Alters, seiner Herkunft, seiner Religion oder ähnlichem diskriminieren, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, einzugreifen, schlimmstenfalls indem er die Geschäftsbeziehungen abbricht.
Umgekehrt schützt das AGG aber auch Kunden und Geschäftspartner. So liegt beispielsweise unter Umständen schon dann ein Verstoß gegen das AGG vor, wenn es in dem Unternehmen Publikumsverkehr, aber keine behindertengerechte Toilette gibt.
Wann gilt das AGG nicht?
Es gibt einige Fälle, bei denen das AGG nicht greift. Dies ist immer dann gegeben, wenn es sich um eine sogenannte gerechtfertigte Ungleichbehandlung handelt, also um eine Benachteiligung von Personen oder Gruppen, die zwar stattfindet, aber gerechtfertigt ist. Ein Beispiel hierfür sind Altersgrenzen bei Berufen, die viel Körperkraft erfordern.
Genauso ist es gerechtfertigt, wenn ein sehbehinderter Bewerber abgelehnt wird, der sich um einen Job als Berufskraftfahrer beworben hat. In diesem Fall geht es laut §8 AGG nämlich um „wesentliche und entscheidende Anforderungen an die berufliche Tätigkeit“.
Gleiches gilt bei besonderen Förderprogrammen, in deren Rahmen beispielsweise bevorzugt Frauen oder ältere Arbeitnehmer eingestellt werden, denn hierbei spricht der Gesetzgeber von sogenannten positiven Maßnahmen, die die Absicht verfolgen, Benachteiligungen an anderen Stellen auszugleichen.
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Thema: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Antidiskriminierungsgesetz
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