Fristlose Kündigung – was tun?
Seinen Arbeitsplatz zu verlieren, führt an sich schon zu einer schwierigen und belastenden Situation. Beendet der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aber auch noch durch eine fristlose Kündigung, hat das für den Betroffenen zusätzlich wirtschaftliche Folgen.
Denn er steht von einem Tag auf den anderen ohne Job und somit auch ohne Einkommen da. Anders als eine ordentliche Kündigung, die erst nach Ablauf der Kündigungsfrist wirksam wird, gilt eine fristlose Kündigung nämlich ab sofort. Und zu allem Überfluss verhängt die Arbeitsagentur bei einer fristlosen Kündigung in aller Regel eine Sperre.
Insofern ist es beruhigend zu wissen, dass eine fristlose Kündigung an sehr strenge Bedingungen geknüpft ist. Bei vielen Kündigungsschutzklagen zeigt sich, dass die fristlose Kündigung gar nicht zulässig war. Doch bis zum Richterspruch muss es erst einmal kommen.
Der folgende Beitrag erklärt, wann der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen und wie sich der Betroffene dagegen wehren kann:
Eine fristlose und eine außerordentliche Kündigung sind nicht ganz dasselbe.
Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die außerordentliche und die fristlose Kündigung oft synonym verwendet. Tatsächlich sind beide Kündigungsarten weitgehend identisch. Aber trotzdem sind sie nicht ganz dasselbe, denn es gibt einen entscheidenden Unterschied.
So wird die fristlose Kündigung sofort wirksam. Sobald der Betroffene die fristlose Kündigung erhalten hat, ist das Arbeitsverhältnis also beendet. Bei einer außerordentlichen Kündigung hingegen kann es eine sogenannte soziale Auslauffrist geben. Diese soziale Auslauffrist kann sogar der Länge der regulären Kündigungsfrist entsprechen.
Allerdings bleibt die Auslauffrist in der Praxis meist Arbeitnehmern vorbehalten, die unter besonderem Kündigungsschutz stehen. Dazu gehören beispielsweise schwerbehinderte Arbeitnehmer, Azubis nach Ablauf der Probezeit, Schwangere oder Betriebsräte. Im Normalfall wird eine außerordentliche Kündigung gleichzeitig als fristlose Kündigung ausgesprochen.
Eine fristlose Kündigung setzt einen wichtigen Grund voraus.
Eine fristlose Kündigung kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser Grund muss so schwerwiegend sein, dass das Arbeitsverhältnis massiv belastet ist und dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, die Kündigungsfrist einzuhalten.
Dies ergibt sich aus § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Absolute Kündigungsgründe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen, benennt das Gesetz aber nicht. Stattdessen muss immer der vorliegende Einzelfall betrachtet werden. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten Fallrecht. Das BGB ordnet die wichtigen Gründe lediglich folgenden Bereichen zu:
- Störungen im Leistungsbereich, z.B. wiederholte Arbeitsverweigerung oder mehrfach unentschuldigtes Fehlen
- Störungen im Vertrauensbereich, z.B. Diebstahl von Firmeneigentum oder Beleidigung von Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden
- Störungen im betrieblichen Bereich; z.B. Missachtung der Betriebsordnung
- Störungen im Unternehmensbereich; z.B. Brandstiftung am Arbeitsplatz
Der Grund, der den Ausschlag für die fristlose Kündigung gibt, kann dann personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt sein. Allerdings muss der Arbeitgeber die außerordentliche und fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen, nachdem er von dem Kündigungsgrund erfahren hat, aussprechen. Hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer also beispielsweise beim Diebstahl von Firmeneigentum erwischt, muss er innerhalb von zwei Wochen nach diesem Ereignis außerordentlich kündigen. Weiß der Arbeitgeber schon seit vielen Wochen von dem Diebstahl, ist eine außerordentliche Kündigung deswegen nicht mehr möglich.
Die Kündigung selbst muss schriftlich erfolgen. Den Kündigungsgrund muss der Arbeitgeber nicht ins Kündigungsschreiben aufnehmen. Auf Verlangen des Betroffenen muss der Arbeitgeber die Begründung dann aber unverzüglich schriftlich nachreichen. Und vor dem Arbeitsgericht muss der Arbeitgeber das Vorliegen des Kündigungsgrundes beweisen.
Bei einer fristlosen Kündigung muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein.
Auch bei einer fristlosen Kündigung muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Stößt beispielsweise eine Verkäuferin mit einem Glas Sekt auf den Geburtstag einer Kollegin an, verstößt sie zwar gegen das geltende Alkoholverbot am Arbeitsplatz.
Trotzdem hat dieser Verstoß weniger Gewicht, als wenn sich ein Berufskraftfahrer während der Mittagspause ein Bierchen gönnt. Genauso gibt ein Busfahrer, der ständig zu spät erscheint und so die ordnungsgemäße Umsetzung des Fahrplans gefährdet, eher Anlass zu einer fristlosen Kündigung als eine Sekretärin, die trotz ihrer Unpünktlichkeit alle Aufgaben rechtzeitig erledigt.
In jedem Einzelfall müssen somit nicht nur der Kündigungsgrund selbst, sondern auch die weiteren Umstände berücksichtigt werden. Und die fristlose Kündigung muss angesichts der Gesamtsituation verhältnismäßig sein.
Außerdem müssen die Interessen beider Seiten sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Damit eine fristlose Kündigung wirksam werden kann, muss das Interesse des Arbeitgebers an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses schwerer wiegen als im Verhältnis dazu das Interesse des Arbeitnehmers, seinen Job zu behalten. Dabei fließt vor dem Arbeitsgericht in die Interessenabwägung unter anderem ein,
- wie lange der Arbeitnehmer bereits für seinen Arbeitgeber tätig ist,
- welche Unterhaltsverpflichtungen der Arbeitnehmer hat,
- wie schwer die Pflichtverletzung war und welche Folgen sie hatte und
- wie groß die Gefahr ist, dass es erneut zu einer derartigen Pflichtverletzung kommt.
Auch die Stellungnahme des Betriebsrats, der vor einer fristlosen Kündigung ebenfalls gehört werden muss, kann die in Interessenabwägung einfließen.
Eine fristlose Kündigung ist das allerletzte Mittel.
Generell gilt: Eine fristlose Kündigung darf der Arbeitgeber nur als allerletzte Maßnahme einsetzen. Stehen dem Arbeitgeber andere Mittel zur Verfügung, die weniger drastische Folgen haben, dann muss er diese nutzen. Ein solches Mittel kann beispielsweise eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz sein.
In den meisten Fällen muss einer fristlosen Kündigung zudem mindestens eine Abmahnung vorausgehen. Dies gilt insbesondere für Störungen im Leistungsbereich. Kommt ein Arbeitnehmer beispielsweise mehrfach zu spät, muss der Arbeitgeber dieses Fehlverhalten im Normalfall zunächst annahmen. Erst wenn sich der Arbeitnehmer trotz Abmahnung auch weiterhin verspätet, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.
Bei Störungen im Vertrauensbereich hingegen kann auf eine Abmahnung oft verzichtet werden. Denn wenn der Arbeitnehmer seinen Chef beispielsweise massiv beleidigt oder ihm gegenüber sogar handgreiflich wird, wird unterstellt, dass das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich beschädigt ist.
In diesem Fall kann der Chef den Arbeitnehmer sofort vor die Tür setzen. Als Faustregel gilt somit:
Je schwerwiegender das Fehlverhalten des Arbeitnehmers ist, desto eher kann eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein.
Fristlose Kündigung – was tun?
Eine fristlose Kündigung ist oft ein Schock. Denn kaum ein Betroffener rechnet damit, dass sein Arbeitgeber so hart durchgreift. Doch egal, was vorgefallen ist, gilt: Das Wichtigste ist zunächst einmal, einen kühlen Kopf zu bewahren.
Und zügig, aber besonnen vorzugehen, um zumindest die schlimmsten Folgen abzuwenden.
Dabei wiederum bietet sich folgende Vorgehensweise an:
- Hat der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung ausgesprochen, muss der Betroffene nicht mehr zur Arbeit erscheinen. Handelt es sich hingegen um eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist oder um eine ordentliche Kündigung, muss der Betroffene bis zum Ablauf der Frist zur Arbeit kommen.
- Hat der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund angegeben, sollte ihn der Betroffene zu einer Begründung der Kündigung auffordern. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen schriftlich mitzuteilen, warum die fristlose Kündigung ausgesprochen wurde.
- Bei einer fristlosen Kündigung wird immer der Einzelfall betrachtet. Für den Laien dürfte es aber kaum möglich sein, die Rechtslage abzuschätzen. Aus diesem Grund sollte sich der Betroffene umgehend von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen. Er kann beurteilen, ob es Sinn macht, gegen die Kündigung vorzugehen.
- Der Betroffene muss sich innerhalb von drei Tagen ab Erhalt der Kündigung bei der Arbeitsagentur arbeitsuchend melden. Diese Pflicht ergibt sich aus § 38 des dritten Sozialgesetzbuches (SGB III).
- Wurde eine außerordentliche oder fristlose Kündigung ausgesprochen, wird in aller Regel unterstellt, dass der Betroffene die Kündigung selbstverschuldet hat. Deshalb wird gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III fast immer eine dreimonatige Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld verhängt. Gegen diese Entscheidung kann der Betroffene aber Widerspruch einlegen. Und diese Möglichkeit sollte er auch nutzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene bezweifelt, dass die Kündigung rechtmäßig war, und er mit einer Klage dagegen vorgehen wird.
- Möchte sich der Betroffene gegen die Kündigung wehren, hat er drei Wochen lang Zeit, um Kündigungsschutzklage zu erheben. Nach Ablauf von drei Wochen wird die Kündigung rechtswirksam. Dann wird nämlich stillschweigend angenommen, dass tatsächlich ein schwerwiegender Grund vorliegt und der Betroffene die Kündigung akzeptiert. Vor dem Arbeitsgericht muss der Arbeitgeber nachweisen, dass seine fristlose Kündigung berechtigt war. Beurteilt das Gericht die Sachlage anders, wird die Kündigung für unwirksam erklärt.
In diesem Fall besteht das Arbeitsverhältnis unverändert weiter und der Betroffene hat eventuell Anspruch auf den Lohn für die Zeit, die seit der Kündigung vergangen ist. Der Betroffene und der Arbeitgeber können sich aber auch auf einen Vergleich einigen.
Dabei kann das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet werden. Auf jeden Fall sollte der Betroffene aber versuchen, zu erreichen, dass der Arbeitgeber die fristlose, außerordentliche Kündigung in eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung umwandelt. Dadurch muss der Betroffene zum einen keine Sperre beim Arbeitslosengeldbezug fürchten. Und zum anderen steht im Arbeitszeugnis dann kein krummes Datum, das andere Arbeitgeber auf die fristlose Kündigung hinweist.
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Thema: Fristlose Kündigung – was tun?
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