6 Fragen zu Unpünktlichkeit im Job, 1. Teil
Wer zu spät am Arbeitsplatz erscheint, riskiert Ärger mit dem Chef und den Kollegen, die auf ihre Ablösung warten. Im schlimmsten Fall können sogar die Betriebsabläufe durcheinandergeraten. Wiederholt sich die Unpünktlichkeit immer wieder, kann das Betriebsklima ziemlich leiden. Nicht umsonst gehört pünktliches Erscheinen zu den wichtigen Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag.
Verletzt ein Arbeitnehmer diese Pflichten, kann das arbeitsrechtliche Folgen für ihn haben. Doch womit muss der Arbeitnehmer rechnen? Und was ist, wenn er gar nichts für die Verspätung kann?
Wir beantworten sechs Fragen zu Unpünktlichkeit im Job!:
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Inhalt
Was bedeutet es, pünktlich zur Arbeit zu kommen?
Wann ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz eintreffen muss, steht oft im Arbeitsvertrag oder ergibt sich aus dem geltenden Tarifvertrag. Finden sich darin keine Regelungen, existiert meist eine Betriebsvereinbarung. Möglich ist auch, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mündlich angewiesen hat.
In einigen Betrieben ist es gängige Praxis, dass der Arbeitnehmer etwa eine Viertelstunde vor Schichtbeginn vor Ort ist. So bleibt genug Zeit, um sich umzuziehen und den Arbeitsplatz ansteuern.
Werden die Arbeitszeiten elektronisch erfasst und ist für den Arbeitsbeginn eine konkrete Uhrzeit festgelegt, muss der Arbeitnehmer genau zu diesem Zeitpunkt anwesend sein. Er braucht dann nicht früher zu erscheinen, darf aber eben auch nicht später kommen.
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Wann kommt der Arbeitnehmer zu spät?
Ist der Arbeitnehmer zum vereinbarten Zeitpunkt nicht an seinem Arbeitsplatz, liegt nicht immer und automatisch ein Verstoß gegen die Arbeitszeiten vor. Vielmehr kommt es darauf an, warum sich der Arbeitnehmer verspätet hat.
Dabei gilt grundsätzlich, dass die Unpünktlichkeit auf seine Kappe gehen muss. Der Arbeitnehmer muss also zumindest fahrlässig daran Schuld sein, dass er zu spät dran ist.
Hat er auf dem Weg zur Arbeit zum Beispiel eine Reifenpanne oder wird er in einen Unfall verwickelt, hat er die Unpünktlichkeit in aller Regel nicht verschuldet. Gleiches gilt, wenn er unterwegs jemandem in einer Notlage hilft. Anders sieht es aber aus, wenn der Arbeitnehmer im morgendlichen Berufsverkehr feststeckt oder den Bus verpasst hat.
Denn das sogenannte Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer. Aus diesem Grund muss er sicherstellen, dass er es pünktlich zur Arbeit schafft, auch wenn unterwegs nicht alles glatt läuft.
Ein angekündigter Streik der öffentlichen Verkehrsmittel, Stau, Schneeglätte im Winter oder ein kaputtes Auto sind keine Gründe, die eine Verspätung entschuldigen. Solche Umstände muss der Arbeitnehmer einplanen.
Auch wenn der Arbeitnehmer nach einer längeren Feier nicht aus den Federn kommt, den Wecker überhört oder ihn erst gar nicht gestellt hat, hat er die Verspätung natürlich selbst zu verantworten.
Und sogar wenn der Arbeitnehmer unter Schlafstörungen leidet und deshalb Medikamente nimmt, darf er sich nicht verspäten. Chronische Schlafprobleme sind ein Krankheitsbild. Der Arbeitnehmer kann sich deshalb in ärztliche Behandlung begeben und muss sich schlimmstenfalls eben krankschreiben lassen. So hat es das Landesarbeitsgericht Köln in einem Urteil entschieden (Az. 5 Sa 746/08).
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Rechtfertigt Unpünktlichkeit eine Abmahnung?
Selbst wenn der Arbeitnehmer mehrere Male mit deutlicher Verspätung zur Arbeit erschienen ist und die Verspätungen zu verantworten hat, kann der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres kündigen.
Das liegt daran, dass Unpünktlichkeit im Normalfall kein schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten ist. Von Extremfällen abgesehen, müssen einer verhaltensbedingten Kündigung deshalb einige Abmahnungen wegen der Unpünktlichkeit vorausgesehen.
Eine Abmahnung hat noch keine direkten arbeitsrechtlichen Folgen. Trotzdem sollte der Arbeitnehmer eine Abmahnung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Vom Grundprinzip her ist eine Abmahnung mit einer gelben Karte im Fußball vergleichbar. Ihre Funktion besteht im Rügen, Dokumentieren und Verwarnen.
Dazu hält der Arbeitgeber in der Abmahnung fest, an welchen Tagen sich der Arbeitnehmer um wie viel verspätet hat. Gleichzeitig rügt er dieses Verhalten und droht weitere Konsequenzen an, falls der Arbeitnehmer das Fehlverhalten nicht abstellt und erneut zu spät kommt.
Ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mündlich oder schriftlich abmahnt, macht keinen Unterschied. Eine mündliche Abmahnung zählt also genauso wie eine schriftliche. Ein Irrglaube ist auch, dass der Arbeitgeber erst nach der dritten Abmahnung kündigen darf.
Das Arbeitsrecht schreibt keine konkrete Anzahl vor. Entscheidend ist vielmehr, ob die Kündigung im Einzelfall angemessen ist.
Andersherum spielt der Einzelfall aber auch eine Rolle, wenn es darum geht, ob eine Abmahnung gerechtfertigt ist. War der Arbeitnehmer bisher immer pünktlich, wäre es sicher nicht verhältnismäßig, wenn ihn der Arbeitgeber wegen einer einzigen Verspätung gleich abmahnt. Kommt der Arbeitnehmer hingegen innerhalb weniger Wochen mehrfach zu spät, kann eine Abmahnung verhältnismäßig sein.
Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten trotz mündlicher Ermahnung einfach fortsetzt, unentschuldigt erst mehrere Stunden später erscheint oder seine Verspätung eine massive Störung der Betriebsabläufe verursacht hat.
Im Tagesgeschäft macht es zum Beispiel einen großen Unterschied, ob der Arbeitnehmer als Sachbearbeiter tätig ist und an dem entsprechenden Tag ein paar Akten aktualisieren sollte oder ob er in einer Fabrik am Band steht.
Während der Sachbearbeiter die Pflege der Akten problemlos nachholen kann, kann das Produktionsband in der Fabrik nicht ohne Aufsicht weiterlaufen. Die Verspätung des Fabrikarbeiters hat also andere Folgen für die Betriebsabläufe, weswegen auch eine Abmahnung angemessen sein kann.
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Thema: 6 Fragen zu Unpünktlichkeit im Job, 1. Teil
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