Was tun, wenn der Arbeitgeber insolvent ist? 2. Teil
Dass ein Unternehmen in einer wirtschaftlichen Schieflage steckt, bleibt in der Belegschaft meist nicht unbemerkt. Trotzdem ist es für die Mitarbeiter:innen ein großer Schreck, wenn der Arbeitgeber tatsächlich Insolvenz anmeldet. Gleichzeitig tauchen viele Fragen auf.
Das Wichtigste in dieser Situation ist, ruhig zu bleiben, die eigenen Ansprüche zu prüfen und sich nach Fristen zu erkundigen, die eingehalten werden müssen. Danach können die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden.
In einem zweiteiligen Beitrag beantworten wir die wichtigsten Fragen dazu, was zu tun ist, wenn der Arbeitgeber insolvent ist. Dabei haben wir im 1. Teil grundlegende Dinge geklärt.
Jetzt, im 2. Teil, kümmern wir uns um Ihre Forderungen als Arbeitnehmer:in:
Inhalt
Wie mache ich meine Forderungen geltend?
Ihre Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber sollten Sie sich rechtzeitig sichern. Allerdings müssen Sie dabei unterscheiden, wann die Forderungen entstanden sind. Denn davon hängt ab, wie Sie die offenen Forderungen anmelden müssen.
Grundsätzlich wird an dieser Stelle zwischen Insolvenzforderungen, Insolvenzgeld und Masseverbindlichkeiten unterschieden:
Insolvenzforderungen
Kündigt sich eine Insolvenz an, geht der eigentlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens teilweise ein bestimmter Zeitraum voraus, in dem der Arbeitgeber die Lohnzahlungen nur noch schleppend oder gar nicht mehr vornimmt.
Dass der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist, heißt aber nicht, dass Arbeitnehmer:innen auf ihre Gehälter verzichten müssen.
Offene Forderungen, die mehr als drei Monate vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind, gelten als sogenannte Insolvenzforderungen. Um sie durchzusetzen, müssen Sie die Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden.
Die Insolvenztabelle ist ein Verzeichnis, in dem der Insolvenzverwalter alle Forderungen, die gegenüber dem insolventen Betrieb angemeldet wurden, erfasst.
Sofern der Insolvenzverwalter nicht auf Sie zukommt, sollten Sie sich zeitnah mit ihm in Verbindung setzen. Denn die Anmeldung zur Insolvenztabelle muss innerhalb einer Frist erfolgen.
Sie haben üblicherweise mindestens zwei Wochen und maximal drei Monate lang Zeit, um Ihre Forderungen aufzulisten und beim Insolvenzverwalter einzureichen.
In vielen Fällen wird Ihnen der Insolvenzverwalter einen Vordruck geben, den Sie ausfüllen können. Ansonsten können Sie ein eigenes Schreiben mit Ihrer Forderungsanmeldung aufsetzen.
Darin listen Sie Ihre einzelnen Forderungen in Euro auf und geben den Grund an, also zum Beispiel Lohn oder unbezahlte Überstunden. Außerdem sollten Sie vermerken, ob Sie einen Beleg wie eine Gehaltsabrechnung beigelegt haben, und ob die Forderung von der Restschuld ausgenommen werden soll.
Durch eine Ausnahme würden Sie gewissermaßen auf Ihre Forderung verzichten, wenn das vorhandene Geld verteilt ist und der Arbeitgeber eine Restschuldbefreiung beantragt.
Das Schreiben kann in etwa so aussehen:
Arbeitnehmer:in
Anschrift
Insolvenzverwalter
Anschrift
Ort, Datum
Insolvenz des Unternehmens …, Amtsgericht __________, Aktenzeichen __________
Forderungsanmeldung
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit melde ich folgende Forderungen an und darf Sie bitten, diese zur Insolvenztabelle festzustellen:
Betrag | Grund | Anlage beigefügt | Ausnahme Restschuld |
… € | z. B. Lohn für Monat/Jahr | Ja | Nein |
… € | z. B. Überstunden aus dem Zeitraum Monat – Monat/Jahr | Ja | Nein |
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
Wichtig ist, dass Sie Ihre Forderungen innerhalb der Frist anmelden. Denn nur wenn der Insolvenzverwalter die Ansprüche in der Insolvenztabelle festgestellt hat, haben Sie die Chance, Ihr Geld zu bekommen.
Allerdings kann das eine ganze Weile dauern. Denn Insolvenzforderungen werden erst ausgezahlt, wenn das Verfahren abgeschlossen ist.
Ob Sie das ganze Geld bekommen oder nur einen Teil davon, hängt dann davon ab, wie viel Vermögen vorhanden ist und wie es auf die verschiedenen Gläubiger aufgeteilt wird.
Insolvenzgeld
Offene Lohnansprüche können Arbeitnehmer:innen unter Umständen auch über das sogenannte Insolvenzgeld decken. Das Insolvenzgeld ersetzt das fehlende Arbeitsentgelt.
Dazu müssen Sie einen Antrag bei der Arbeitsagentur stellen. Mit der Arbeitsagentur sollten Sie sich aber generell in Verbindung setzen, wenn Sie eine Kündigung bekommen haben, andernfalls spätestens zwei Monate nach der Insolvenzeröffnung.
Durch die Meldung stellen Sie sicher, dass Sie nahtlos Arbeitslosengeld bekommen, falls Sie Ihren Job wegen der Insolvenz verlieren sollten.
Die Arbeitsagentur zahlt das Insolvenzgeld einmalig für die drei letzten Monate vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses aus. Das Insolvenzereignis ist der Zeitpunkt, an dem das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Daneben zählt als Insolvenzereignis, wenn der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wird oder ein zahlungsunfähiger Arbeitgeber einfach abtaucht.
Masseverbindlichkeiten
Anders als die Insolvenzforderungen, die vor und während der Insolvenzeröffnung entstehen, fallen die sogenannten Masseverbindlichkeiten erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an.
Zu diesen Forderungen gehören zum Beispiel die Verfahrenskosten und die Vergütung des Insolvenzverwalters. Außerdem kann Ihr Lohn oder Gehalt als Masseverbindlichkeit gelten.
Das ist dann der Fall, wenn Sie nach der Insolvenzeröffnung weiterhin bei der insolventen Firma arbeiten.
Die Unterscheidung zwischen einer Insolvenzforderung und einer Masseverbindlichkeit ist deshalb sehr wichtig, weil eine Masseverbindlichkeit gegenüber anderen offenen Forderungen bevorzugt behandelt wird.
Außerdem muss eine Masseverbindlichkeit in vollem Umfang ausgezahlt werden. Sie haben also Anspruch auf das ganze Geld. Ist eine vollständige Auszahlung der Forderung wegen einer zu geringen Insolvenzmasse nicht möglich, haben Sie unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz.
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Thema: Was tun, wenn der Arbeitgeber insolvent ist? 2. Teil
Übersicht:
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