Schluss mit Homeoffice, längere Arbeitszeiten: Welche Folgen ergeben sich daraus für unsere Gesundheit?
Vor allem während der Corona-Pandemie haben zahlreiche Arbeitgeber ermöglicht, von zu Hause aus zu arbeiten. Viele dieser Regelungen rund ums Homeoffice haben bis heute Bestand. Doch jetzt fordern einige Unternehmen in den USA die Rückkehr an den Schreibtisch im Büro. Auf diese Weise soll die Produktivität gesteigert werden. Gleichzeitig gibt es in Deutschland Stimmen, die längere Arbeitszeiten verlangen.
Manche sprechen sich sogar dafür aus, den Lohn ab dem ersten Krankheitstag zu streichen.
Doch was bewirken solche Forderungen? Was machen sie mit unserer Psyche und welche Folgen ergeben sich daraus für unsere Gesundheit?
Inhalt
Homeoffice – von der rettenden Lösung zum Sündenbock
Als sich Corona verbreitete, führten etliche Unternehmen die Arbeit im Homeoffice ein. Die Grundidee dahinter war, dass der Betrieb auf diese Weise weiterlaufen konnte, die Mitarbeiter durch die Tätigkeit in den eigenen vier Wänden aber keinen Kontakt zu anderen hatten und damit besser vor einer Ansteckung geschützt waren.
Auch wenn der Start anfangs mitunter etwas holprig war, haben viele Mitarbeiter die Freiheiten zu schätzen gelernt, die die Arbeit im Homeoffice mit sich bringt. Doch damit soll jetzt wieder Schluss sein.
Große US-amerikanische Unternehmen planen, künftig wieder alle Mitarbeiter ins Büro zurückzuholen, oder haben sogar schon entsprechende Regelungen eingeführt.
Angesichts dieser Trendwende müssen wir fairerweise festhalten, dass Homeoffice längst nicht bei allen Tätigkeiten funktioniert. Gibt es in einem Unternehmen Jobs, die vor Ort stattfinden müssen, während sich einige Kollegen aussuchen können, ob und wann sie im Büro oder im Homeoffice arbeiten, kann das schnell zu einer organisatorischen Herausforderung werden.
Trotzdem ist die derzeit oft geforderte Rückkehrpflicht an den Büroschreibtisch unter Experten umstritten.
Die gemeinsame Zeit im Büro fördert die Kommunikation und den Teamgeist, sie stärkt das Vertrauen und das Wir-Gefühl. Auf der anderen Seite bietet das Homeoffice mehr Autonomie und Flexibilität.
Dass Mitarbeiter im Homeoffice unproduktiver sind oder ihre Arbeit weniger zuverlässig erledigen, lässt sich aus der Studienlage pauschal nicht ableiten.
Eine verpflichtende Rückkehr an den Büroschreibtisch könnte aber gerade Fachkräfte abschrecken, die es gewohnt sind und Wert darauf legen, selbstbestimmt arbeiten zu können.
Psychologische Auswirkungen durch das Arbeitsumfeld
Das Umfeld und die Art und Weise, wie wir arbeiten, haben Einfluss auf unser Wohlbefinden, unsere Motivation und unsere Gesundheit. Eine erzwungene Rückkehr ins Büro kann Stress und Frust auslösen und sich nachteilig auf die Motivation auswirken.
Das gilt vor allem dann, wenn wir uns daran gewöhnt haben und es zu schätzen wissen, im Homeoffice flexibel und selbstbestimmt arbeiten zu können.
Andererseits kann die dauerhafte und ausschließliche Arbeit im Homeoffice zu einer sozialen Isolation führen und es erschweren, die Arbeit vom Privatleben abzugrenzen. Vor allem Frauen empfinden das Homeoffice oft als Doppelbelastung.
Die Folgen davon können Überförderung, Erschöpfung, eine verminderte Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und ein erhöhtes Risiko für Burnout sein.
Pauschale Aussagen sind deshalb schwer möglich. Denn letztlich kommt es immer auf den Job und den Mitarbeiter an. Vor diesem Hintergrund scheinen hybride Modelle, die die Vorteile beider Welten miteinander verbinden und eine produktive Zusammenarbeit ermöglichen, ohne zusätzliche Belastungen hervorzurufen, die sinnvollste Lösung zu sein.
Gleichzeitig sollten Unternehmen weniger die Frage nach der Präsenz stellen, sondern den Fokus in erster Linie auf die Ergebnisse legen.
Längere Arbeitszeiten als falsches Signal
In Deutschland mehren sich die Stimmen, die längere Arbeitszeiten fordern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, die Wirtschaft anzukurbeln und den Wohlstand zu erhalten, müssten Arbeitnehmer bereit sein, mehr und länger zu arbeiten.
Ob sich diese Forderung sinnvoll umsetzen lässt, ist pauschal aber schwer zu beantworten. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) betont, wie wichtig gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen sind.
Auch Studien belegen, dass Arbeitszeiten von mehr als acht Stunden täglich das Risiko für Stress, Angstzustände, Schlafprobleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Außerdem arbeiten schon jetzt viele Berufsgruppen an der Belastungsgrenze, so zum Beispiel Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen, Polizisten oder Fabrikarbeiter im Schichtdienst.
Eine allgemeine Erhöhung der Arbeitszeit könnte dazu führen, dass die Produktivität nicht steigt, sondern sinkt. Psychologisch sendet so eine Forderung das Signal, dass die bisherige Leistung nicht ausreicht.
Das kann Arbeitnehmern die Motivation rauben und den Frust verstärken. Denn sie haben das Gefühl, dass ihr Engagement nicht gewürdigt und ihr Einsatz nicht anerkannt wird.
Andererseits müssen die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleiben und die nationalen Sozialsysteme finanziert werden. So schnell wird die Diskussion deshalb wohl kein Ende nehmen.
Lohnausfall bei Krankheit fraglich
Eine andere Forderung, die derzeit die Runde macht, bezieht sich darauf, den Lohn schon ab dem ersten Krankheitstag zu streichen. Diese Idee stellt vor allem Geringverdiener und chronisch Kranke vor eine große Herausforderung.
Das Ergebnis könnte sein, dass Arbeitnehmer arbeiten gehen, obwohl sie krank sind. Doch das gefährdet nicht nur die Gesundheit, sondern führt langfristig auch zu geringerer Produktivität.
Allein durch Corona, aber auch in diversen Grippewellen haben wir gesehen, dass kranke Mitarbeiter zu mehr Infektionen am Arbeitsplatz führen können und es dadurch zu noch mehr Ausfällen kommt.
Aus psychologischer Sicht vermittelt eine Lohnstreichung den Eindruck, dass eine Erkrankung mit einem persönlichen Versagen gleichbedeutend ist. Arbeitnehmer könnten darauf ganz unterschiedlich reagieren.
Von Unmut und Unverständnis über Angst um den Arbeitsplatz bis hin zu taktischen Krankmeldungen ist alles denkbar.
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Thema: Schluss mit Homeoffice, längere Arbeitszeiten: Welche Folgen ergeben sich daraus für unsere Gesundheit?
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